Änderungen bei der Einbürgerung: Die doppelte Staatsbürgerschaft soll 2024 möglich werden

Die Staatsangehörigkeit ist ein elementarer Bestandteil des Lebens. Jeder Mensch hat eine, manche sogar zwei oder mehr.  Sie legt fest, welchem Land wir angehören, welche Rechte wir haben, wo wir zu Hause sind. Doch oft ist die Lebensrealität komplexer: Viele Menschen ziehen dauerhaft aus dem Land fort, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen, sei es aus humanitären, wirtschaftlichen, beruflichen oder familiären Gründen. Für sie kann der Besitz von zwei Staatsbürgerschaften nützlich sein.

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Personen, die im Besitz einer solchen doppelten Staatsbürgerschaft sind, besitzen also Pässe von zwei Ländern. Bis jetzt ist eine doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland grundsätzlich nicht vorgesehen. Menschen, die etwa durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen wollen, müssen in der Regel erst ihre alte Staatsbürgerschaft aufgeben. Durch einen von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf soll sich das allerdings in Zukunft ändern. Geht es nach dem Entwurf, so soll Mehrstaatlichkeit künftig zulässig sein. Das bedeutet: Wer sich in Deutschland einbürgern lassen möchte, muss dann nicht mehr seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben, um den deutschen Pass zu erhalten.

Was genau sich mit Blick auf die doppelte Staatsbürgerschaft ändern soll, wann die Änderungen in Kraft treten werden und wer von ihnen profitieren kann, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.

Grundlage der doppelten Staatsbürgerschaft

Um die vorgeschlagenen Neuerungen zu verstehen, ist es hilfreich, zunächst die aktuelle Rechtslage zu kennen. Momentan ist eine der Voraussetzungen der Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG, dass der Bewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben oder verlieren muss. In § 12 StAG ist festgelegt, dass von diesem Erfordernis abgesehen wird, wenn die alte Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgegeben werden kann. Für welche Länder dies der Fall ist, haben wir in unserem Hauptartikel zum Thema Einbürgerung aufgelistet. Auch für Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der Schweiz sowie für anerkannte Flüchtlinge und Menschen, denen in Deutschland Asyl gewährt wird, wird auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit schon jetzt verzichtet. Auf die meisten Einbürgerungsbewerber trifft allerdings keine der eben genannten Ausnahmen zu. Sie müssen also erst ihre alte Staatsangehörigkeit aufgeben, um die deutsche erlangen zu können.

Die Bundesregierung möchte das jedoch ändern. In dem oben bereits erwähnten Gesetzentwurf schlägt sie vor, das Erfordernis der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ganz aus dem § 10 StAG zu entfernen. Stimmt der Bundestag dem Entwurf in dieser Form zu, hätte das weitreichende Konsequenzen: In Zukunft müsste dann niemand mehr für einen erfolgreichen Einbürgerungsantrag seine alte Staatsangehörigkeit aufgeben. Vielmehr würde die doppelte Staatsbürgerschaft bei Einbürgerungen zum neuen Standard werden.

Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes wird im Frühjahr 2024 gerechnet.

Vorteile einer doppelten Staatsbürgerschaft

Dass Inhaber einer doppelten Staatsbürgerschaft viele Vorteile genießen gegenüber Menschen, die nur einen Pass haben, liegt auf der Hand: So erhalten sie die bevorzugte Behandlung, die Staatsbürgern in vielen Bereichen zuteilwird, nicht nur in einem Land, sondern in zwei. Das bedeutet, sie können in beiden Ländern an Wahlen teilnehmen und sich auch selbst zur Wahl aufstellen lassen. Auch kommen sie oft in den Genuss besonderer Rechte, in Deutschland etwa der Deutschen-Grundrechte, die nur Staatsbürgern zustehen.

Des Weiteren bietet eine doppelte Staatsbürgerschaft erhöhte Flexibilität bei der Wahl des Aufenthaltsorts. Als Staatsbürger eines Landes ist man jederzeit berechtigt, sich frei in dem Land zu bewegen und sich dort niederzulassen, wo man möchte. Staatsbürger können jederzeit einreisen, ohne ein Visum oder dergleichen beantragen zu müssen. Für deutsche Staatsbürger erstrecken sich diese Freiheiten sogar auf das gesamte Gebiet der Europäischen Union und auf Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz.

Zu guter Letzt bietet die doppelte Staatsbürgerschaft auch im Erbrecht Vorteile. Art. 22 der Europäischen Erbrechtsverordnung gewährt Personen mit mehr als einer Staatsangehörigkeit die Möglichkeit, zu wählen, das Erbrecht welches der Staaten im Falle ihres Todes maßgeblich sein soll.

Doppelte Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung

Die größten Auswirkungen werden die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen zweifelsohne auf Einbürgerungen haben. Viele Menschen, die schon lange in Deutschland leben, sind zwar an einer Einbürgerung interessiert, möchten aber ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben müssen. Für sie soll dieses Hindernis durch die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG und die Zulassung von Mehrstaatlichkeit künftig wegfallen. Die Einbürgerung würde somit um einiges attraktiver werden.

Außerdem werden die Voraussetzungen verständlicher: Durch den Wegfall des Erfordernisses, die alte Staatsangehörigkeit aufzugeben, werden auch die damit verbundenen Ausnahmen für gewisse Länder irrelevant. So werden die Antragsvoraussetzungen deutlich klarer und einfacher zu verstehen. Außerdem würde der Gesetzentwurf dazu führen, dass künftig nicht mehr zwischen EU-Bürgern, Geflüchteten und anderen Menschen unterschieden wird. Dann gilt ganz simpel für alle, die einen Einbürgerungsantrag stellen wollen, egal welche Staatsangehörigkeit sie bisher haben, dasselbe Recht. Niemand muss mehr seine alte Staatsangehörigkeit aufgeben, um eingebürgert werden zu können.

Doppelte Staatsbürgerschaft durch Geburt

Auch jenseits von Einbürgerungen würde die Zulassung von doppelten Staatsbürgerschaften vieles einfacher machen. Insbesondere für Kinder, die aufgrund ihrer Eltern mit zwei Staatsangehörigkeiten – der deutschen und einer ausländischen – geboren werden, ändert sich die Rechtslage.

Nach der sog. Ius soli-Regelung erlangen Kinder ausländischer Staatsangehöriger gem. § 4 Abs. 3 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sich eines ihrer Elternteile bei ihrer Geburt seit mindestens acht Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltsrechts ist. Da viele Länder in ihren jeweiligen Staatsangehörigkeitsgesetzen festlegen, dass Kinder von Staatsangehörigen ihres Landes bei Geburt automatisch selbst die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten (das sog. Ius sanguinis-Prinzip), kommt es oft vor, dass in Deutschland geborene Kinder von Ausländern von Geburt an zwei Staatsbürgerschaften besitzen. Da das deutsche Recht bisher Mehrstaatlichkeit in aller Regel ablehnt, gibt es die Optionspflicht des § 29 Abs. 1 StAG. Diese besagt, dass Kinder, die neben einer ausländischen Staatsbürgerschaft aufgrund von § 4 Abs. 3 StAG auch im Besitz eines deutschen Passes sind, die aber nicht in Deutschland aufgewachsen sind, nach Vollendung des 21. Lebensjahres entscheiden müssen, ob sie die deutsche Staatsbürgerschaft oder die ihrer Eltern behalten wollen. Geht es nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, entfällt diese Optionsregelung in Zukunft. In Deutschland geborene Kinder von Ausländern, die die Bedingungen des § 4 Abs. 3 StAG erfüllen, würden also die doppelte Staatsbürgerschaft selbst dann behalten, wenn sie nicht im Bundesgebiet aufwachsen.

Vorteile auch für Deutsche

Doch nicht nur für Menschen, die in Deutschland eingebürgert werden möchten, und für Kinder im Besitz zweier Pässe ist die Erlaubnis der doppelten Staatsbürgerschaft von Vorteil. Auch Deutsche, die sich dauerhaft im Ausland niederlassen wollen, würden von der Neuregelung profitieren. Bisher verlieren sie ihren deutschen Pass automatisch, wenn sie eine andere, ausländische Staatsangehörigkeit auf Antrag erhalten, es sei denn, sie stellen einen Beibehaltungsantrag, dem stattgegeben wird. Mit der generellen Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft fällt dieses Hindernis künftig weg. Wenn ein ausländischer Staat seine Staatsangehörigkeit an einen Deutschen verleiht, so kann dieser künftig beide Staatsbürgerschaften besitzen und muss seinen deutschen Pass nicht abgeben.

Ausblick für 2024

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die vorgeschlagene allgemeine Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft von herausragender Bedeutung für das Staatsangehörigkeitsrecht ist. Zunächst wird das Antragsverfahren zur Einbürgerung durch den Wegfall von komplizierten Ausnahmeregeln einfacher und verständlicher. Außerdem macht die Zulassung von doppelten Staatsbürgerschaften eine Einbürgerung in Deutschland bedeutend attraktiver. Schließlich muss niemand mehr seine alte Staatsangehörigkeit aufgeben.

Neben der Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft soll der Gesetzentwurf auch die Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland, die für die Einbürgerung erfüllt sein muss, von acht auf fünf Jahre reduzieren (eine detaillierte Erklärung dieser und aller wichtigen Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht finden Sie hier). All diese Änderungen bringen offensichtlich viele Vorteile mit sich. Allerdings muss auch damit gerechnet werden, dass aufgrund dieser Vorteile mehr Anträge auf Einbürgerung gestellt werden. Es ist also gut möglich, dass der erhöhte Andrang zunächst zu längeren Wartezeiten führt. Unsere erfahrenen Anwälte helfen Ihnen gerne weiter, wenn die Behörden für Ihren Antrag zu lange brauchen. Wir stellen sicher, dass ihr Verfahren so reibungslos und schnell wie möglich abläuft. Kontaktieren Sie uns einfach, wenn Sie Fragen haben.

Fragen und Antworten - FAQ zur doppelten Staatsbürgerschaft:

Wenn Sie überprüfen möchten, ob Ihr Einbürgerungsantrag erfolgreich wäre, können Sie unseren Einbürgerungs-Check machen. Dieser Check gibt Ihnen allerdings nur einen ersten Überblick. Wenn Sie noch Detailfragen haben oder sich unsicher sind, dann kontaktieren Sie am besten unsere Anwälte.

Der Gesetzentwurf muss noch vom Bundestag beschlossen und anschließend verkündet werden, bevor er in Kraft treten kann. Ursprünglich sollte er Ende 2023 in Kraft treten, inzwischen wird aber eher mit dem Frühjahr 2024 gerechnet.

Grundsätzlich ja. Da das deutsche Recht künftig Mehrstaatlichkeit erlauben soll, steht dem von deutscher Seite aus nichts entgegen. Entscheidend ist jedoch das Recht des Staates, dessen Staatsbürgerschaft man sich zurückholen möchten.

Streng genommen soll durch den Gesetzentwurf nicht die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt, sondern das allgemein geltende Verbot von Mehrstaatlichkeit aufgehoben werden. Wenn dieses Verbot aufgehoben wird, besteht im deutschen Recht auch die Möglichkeit, mehr als zwei Staatsangehörigkeiten innezuhaben.

Das haben wir in unserem Artikel zum Thema Einbürgerung genau erklärt.

Alternativ können Sie unseren Einbürgerungs-Check durchführen.

Ja, zumindest was das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht angeht. Grundsätzlich soll durch den Gesetzentwurf allen Ausländern, egal aus welchem Land, die doppelte Staatsbürgerschaft offenstehen. Allerdings können im Herkunftsland unter Umständen Gesetze existieren, die den Verlust der Staatsangehörigkeit anordnen für den Fall, dass einem Bürger die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes erteilt wird. Solche Gesetze existieren etwa in China, Österreich, Litauen, Estland und den Niederlanden. In jedem Fall raten wir sich in dem jeweiligen Land Ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit zu informieren.

Wenn der Gesetzentwurf vom Bundestag in dieser Form beschlossen wird und er in Kraft tritt, dann wird die Einbürgerung möglich sein, auch wenn man seine alte Staatsbürgerschaft behält. Wahrscheinlich wird das allerdings voraussichtlich nicht vor dem Frühjahr 2024 der Fall sein.

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Julia Robl

Julia Robl

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